Wochenrückblick KW 11
Vertrauen und Verlässlichkeit ist in unserer Gesellschaft ein hohes Gut.
Verlorenes Vertrauen ist kaum wiederherzustellen, was der nachfolgende Satz, wie ich finde, sehr schön beschreibt:
„Du kannst eine einmal zerbrochene Vase zwar kleben, ihre alte Schönheit bekommt sie aber nicht wieder zurück.“
Wie wichtig uns Vertrauen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft ist, kann man zum Beispiel nachlesen in einem Policy Paper des Instituts der Deutschen Wirtschaft, https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/policy_papers/PDF/2020/IW-Policy-Paper_2020_Vertrauensindex-2020.pdf.
Wenn ich die dort genannten Quellen richtig verstanden habe, dann hat jeder Dritte wenig bis gar kein Vertrauen in die Justiz.
Ich finde das erschreckend, kann die Zahl aber nachvollziehen. Wie oft habe ich mich selbst in den letzten 24 Jahren den Satz sagen lassen:
„Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“
Und bevor mich Kolleginnen und Kollegen als Nestbeschmutzer beschimpfen, stelle ich denen die Frage, wie oft sie es bei ernstzunehmender forensischer Belastung erlebt haben, dass sich gerichtliche Entscheidungen im Instanzenweg verändert haben. Allein das fuehrt zu Verunsicherung und wenig Vertrauen bei Mandantinnen und Mandanten.
Ein weiterer Grund fuer eine kritische Sicht auf die Justiz ist die Verfahrensdauer.
Immerhin 83 % stimmen im Roland Rechtsreport aus 2021 der Aussage zu, dass Verfahren zu lange dauern, https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/roland-rechtsreport-2021-vertrauen-in-die-justiz-abstrakt-hoch, wobei dieser etwas juengere Report das Vertrauen in die Justiz sogar eher als abstrakt hoch bewertet.
Was ist mein Weg?
Ich sehe meinen Beruf als Rechtsanwalt und Fachanwalt fuer Arbeitsrecht nicht in erster Linie als Prozessvertreter, sondern als Problemlöser, der gerichtliche Entscheidungen eher vermeidet als sucht. Deswegen habe ich auch nach zwei Staatsexamen nochmal ein Masterstudium als Mediator abgeschlossen, denn die Studieninhalte ermöglichen es, nicht nur als Mediator zu arbeiten, sondern auch mediative Elemente in seinen Arbeitsall zu integrieren.
Gibt man heute bei Google den Begriff „Beruf Troubleshooter“ ein, findet man erstaunlich viele Stellenanzeigen, in denen der Begriff vorkommt.
Verhandlungspartner zu ueberzeugen, ist mein Anspruch.
Und dabei unterscheide ich, wie der Kollege Wladislaw Jachtchenko genau zwischen wirklicher Überzeugung und Manipulation. Jachtchenko nennt das, völlig zurecht nach meiner Meinung, wie sein Buch: Weisse Rhetorik.
Im besten Fall kommt man dann mit seinem Gegenüber zu einer Lösung.
Manipulation ist fuer mich erst dann eine Option, wenn mein Gegenüber mich dazu zwingt. Doch dazu koennt ihr ja viel Wissenswertes in unseren Seminaren erfahren.
Erst als letzte Überlegung suche ich Hilfe, dies kann ein/e Mediator/in sein, ein/e Schlichter/in oder das Gericht sein.
Im kollektiven Arbeitsrecht gibt es dann noch die Einigungsstelle, die in Fragen der zwingenden Mitbestimmung angerufen werden kann. Das Schöne hier ist, dass die meisten Vorsitzenden/e hier in allererster Linie intensiv nach Lösungen suchen und zwischen den Parteien vermitteln, zum Beispiel durch Shuttle-Gespräche, bevor sie etwas apodiktisch entscheiden.
In diesem Sinne war die Woche auch von außergerichtlichen Problemlösungen geprägt, die dazu geführt haben, dass wir u.a. einen Aufhebungsvertrag mit deutlich überdurchschnittlicher Abfindungshöhe verhandeln konnten und mittwochs eine Einigungsstelle mit gutem Ergebnis, welches das Betriebsratsgremium noch bestätigen muss, vorläufig abschließen konnten.
Donnerstag und Freitag war dann Fortbildung in Hamburg angesagt, zum einen wollte ich mich zum Thema „Aufhebungsvertraege“ informieren, zum anderen zum Thema „Rechtsfragen in der Personalabteilung“, man will ja wissen, was die andere Seite gerade so für wichtig haelt.
Nächste Woche sind wir Gast auf einer Betriebsversammlung und haben mehrere außergerichtliche Verhandlungen zu Betriebsvereinbarungen auf dem Programm.
Euch eine schöne Woche!