Wochenrückblick KW 17

 
In Rom erreichte mich die Nachricht über den Tod eines Richters, mit dem ich noch vor kurzem verhandelt habe.
 
Ich weiß, dass der Tod zum Leben gehört und trotzdem ist es schwer, sich mit dieser Erkenntnis abzufinden.
 
Da ich ja im Gerichtssaal als äußerst konfliktfähig gelte, bin ich froh, dass das Ergebnis unserer letzten Verhandlung in gegenseitigem Respekt zustandegekommen ist.
 
Auf meinem Weg bis hierhin, haben schon viele den Saal endgültig verlassen und ich begreife immer mehr, dass eine lange Zeit miteinander keine Selbstverständlichkeit ist.
 
Ich kann die existenziellen Dinge des Lebens nicht ändern, deswegen habe ich mir irgendwann zu eigen gemacht – bei allen beruflichen und auch privaten Treffen – in meinem jeweiligen Gegenüber immer auch das Besondere zu sehen und vergegenwärtigt, dass manches Verhalten unkorrigierbar werden kann.
 
Daher ist es wichtig, in jedem Konflikt immer zu wissen, ob es richtig ist, den Verhandlungspartner persönlich zu attackieren oder ob es nicht besser ist, den Konflikt von der Person zu trennen.
 
Denn „jeder Mensch ist ein besonderer Gedanke Gottes“ lautet ein wunderschönes Zitat von Paul Anton de Lagarde und auch, wenn es manchmal und in besonderen Fällen sehr schwer fällt, sollte dieser Geist unser Miteinander bestimmen.
 
Die alten Römer haben dafür den Ausdruck gefunden: „Fortiter in re, suaviter in modo.“
 
Übersetzt heisst das, hart in der Sache aber angenehm in der Art und Weise.
 
Zurück aus der ewigen Stadt ging es Dienstag in eine Sitzung, die von 17.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht gedauert und sich inhaltlich mit der Haltbarkeit einer fristlosen Kündigung befasst hat.
 
Nach einer anstrengenden Verhandlung stand ein Ergebnis, das nun hoffentlich finalisiert werden kann.
 
In diesem besagten Fall haben wir uns – gemeinsam mit der Arbeitgebervertreterin – für
ein besonderes Setting entschieden, indem wir ein Hotel als Verhandlungsort gewählt haben. Es war uns beiden wichtig, wenigstens äußerlich eine „entspannte“ und vor allen Dingen „neutrale“ Atmosphäre zu schaffen.
 
Ich werde manchmal belächelt fuer meine minutiöse Planung von Verhandlungen, aber Vorbereitung ist wichtig und wird leider von den meisten Kolleginnen und Kollegen unterschätzt.
 
Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die Kollegin auf der Arbeitgeberseite, wie ich, Mediation als Zusatzqualifikation für sich in Anspruch nehmen kann.
 
Mittwoch ging es weiter mit Vergleichsgesprächen, die nun kurz vor dem Abschluss stehen.
 
Donnerstag folgte ein langes Beratungsgespräch zur Abwehr einer Anfechtung einer Betriebsratswahl und Freitag ging es nach Siegburg, um eine Einigungsstelle einzusetzen, was im Ergebnis erfolgreich gelungen ist.
 
Was habe ich inhaltlich?
 
Das Arbeitsgericht Gießen hat mit einer ersten Entscheidung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf sich aufmerksam gemacht.
 
Zwei Be­schäf­tig­te einer Ein­rich­tung hatten geklagt, die nicht gegen das Co­ro­na­vi­rus ge­impft sind.
 
Die Kläger legten bis zum Stich­tag Mitte März kei­nen Nach­weis über eine Imp­fung vor­, woraufhin ihr Ar­beit­ge­ber sie ohne Fort­zah­lung des Ge­halts freistellte.
 
In dem Eil­ver­fah­ren woll­ten die Klä­ger nun erreichen, dass sie wieder ver­trags­ge­mä­ß beschaeftigt werden.
 
Dies ging schief, denn seit Mitte März greift die so­ge­nann­te ein­rich­tungs­be­zo­ge­ne Impf­pflicht für Be­schäf­tig­te in Kli­ni­ken, Pra­xen oder Pfle­ge­hei­men.
 
Diese muss­ten bis zum 15.03.2022 ihren Impf­schutz oder den Ge­ne­se­nen­sta­tus nach­wei­sen – oder ein At­test vor­le­gen, dass sie die Sprit­ze aus me­di­zi­ni­schen Grün­den nicht be­kom­men kön­nen.
 
Das Gericht urteilte, dass keine Beschäftigungspflicht bestehe, bis etwa ein Gesundheitsamt über ein mögliches Betretungs- oder Tätigkeitsverbot entschieden habe. ( ArbG Gießen, Az.: 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22).
 
Die Entscheidung hatte ich – egal, ob jetzt Gießen oder anderswo – im wesentlichen so erwartet. Ich habe meine Mandanten und Mandantinnen darauf vorbereitet, sich um die angesprochenen Atteste zu kümmern, wohlwissend, dass es nicht leicht sein würde, diese ausgestellt zu bekommen.
 
Ich hoffe sehr, dass sich die Situation in der Pflege nicht weiter verschärft, denn genau das ist zu befürchten. Der juristische Begründungsstrang des Gerichtes ist meines Erachtens aber nicht zu beanstanden, denn Juristen müssen Gesetze anwenden, sie machen sie nicht.
 
Euch eine schöne Woche!