Wochenrückblick KW 40 2023

Vor einiger Zeit habe ich einen Satz eines wohl unbekannten Autors gelesen, der sinngemäß gesagt hat:

„Es hat keinen Sinn, jemandem Brücken zu bauen, wenn er nicht hinübergehen will.“

Was hat das mit mir zu tun?

Ich verstehe mich in jeder Phase einer Verhandlung als „Brückenbauer“ und glaube fest an die Macht des mediativen Verhandelns.

Es gibt allerdings Menschen, die wollen streiten, die wollen sich nicht einigen und die wollen keinen Frieden.

Sie erwarten, dass das, was sie tun gemacht wird, basta.

Deswegen bin ich ein glühender Anhänger des Betriebsverfassungsgesetzes, weil es die Betriebsparteien auf Augenhöhe bringt und ein vorhandenes Machtgefälle ausgleichen hilft.

Was hat das mit dieser Woche zu tun?

Ich habe eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“ verhandelt und mit meinen Betriebsräten darum gekämpft, dass die vom Arbeitgeber geforderte Samstagsarbeit n i c h t eingeführt.

Vorher hatte ich mir von meinen Betriebsräten und der Belegschaft ausführlich darlegen lassen, dass – auch orientiert an den Arbeitsabläufen und der vorhandenen Personaldecke – diese Samstagsarbeit keinen Sinn macht.

Denn ich bin ein strikter Verfechter des von mir kreierten Aphorismus „Ohne Betrieb kein Betriebsrat“.

D.h., meine Betriebsräte müssen mich davon überzeugen, dass die unternehmerische Entscheidung für den Betrieb wirklich keinen Sinn macht.

Einfach nur dagegen zu sein und das Unternehmen zu gefährden, ist mit mir nicht zu machen.

Umgekehrt erwarte ich von einem Arbeitgeber, dass er mir bzw. meinem Betriebsrat ein schlüssiges Konzept vorlegt, warum man sich von der ein oder anderen Maßnahme Erfolg verspricht.

Diese Brücke habe ich dem Arbeitgeber gebaut, es kam dazu aber in den letzten Monaten nicht wirklich Belastbares – außer der immer wieder fehlgehende Hinweis -, man mache von seinem Direktionsrecht Gebrauch.

Das ist – in Bildern gesprochen – ungefähr das erzieherische Level auf dem Niveau, „ du hast das zu machen, solange Du die Füße unter meinen Tisch stellst.“

Das mag in früheren Zeiten noch funktioniert haben, heute ist das anders.

Nach sehr zähen Verhandlungen gab der Arbeitgeber seine Position jetzt – überraschenderweise – plötzlich auf.

Das hat mich trotzdem nicht nur gefreut.

Warum nicht?

Verhandeln bedeutet, aufeinander zuzugehen und Brücken zu bauen.

Ich vermeide, wenn es irgendwie geht, gerade im kollektiven Arbeitsrecht, in Sieg oder Niederlage zu denken.

Ich will gemeinsam erarbeitete Lösungen, die funktionieren und gute Lösungen sind in mitbestimmten Unternehmen immer die, wo beide Betriebsparteien das Gesicht wahren können und die Belegschaft einbezogen ist.

Wenn eine Seite verliert, will sie nicht selten „Rache“, das ist im Nachbarschaftsrecht ( „Maschendrahtzaun ) nicht anders als zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Ich erwarte daher nach dieser Niederlage des Arbeitgebers keine einfachen Wochen für meinen Betriebsrat und mich, aber ich bleibe „Brückenbauer“.

Gleichzeitig bin ich den Urvätern dieses Landes dankbar dafür, dass sie vor vielen Jahrzehnten die Weisheit hatte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit zu geben, sich in Betriebsräten zusammenzuschließen zum Wohle der Belegschaft.

Was war sonst los?

Ein Highlight war ein Prozess am Mittwoch in Schweinfurt, wo es so aussieht, dass ich eine fristlose und hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung in erster Instanz abwehren kann.

Spannend war der Fall, weil die Erkenntnisse des Arbeitgebers u.a. auf den Hinweisen eines Privatdetektives beruhten.

Hierzu berichte ich noch weiter.

Was mache ich kommende Woche?

Montag bis Mittwoch habe ich ein Seminar in Schweinfurt zum Betriebsverfassungsgesetz, Donnerstag geht es nach Köln und Freitag bin ich dann in Siegburg auf meinem persönlichen Lieblingsseminar: „Verhandlungsführung für Betriebsräte“.

Euch eine schöne Woche!

Bis bald!