Wochenrückblick KW 40!
Zauberer
Es gibt überall auf der Welt Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.
Worauf will ich hinaus?
Wir kennen beispielsweise viele Dichter und Schriftsteller – aber nur einen Goethe, Schiller, Herder….
Talent ist meiner Meinung nach eine Gnade, die man nicht lernen kann, man hat es oder man hat es nicht.
Ich selbst zum Beispiel würde gerne malen können, aber – lassen wir das.
In meinem Berufsstand des Juristen gibt es das auch – Talente, die es schaffen über gegnerische Interessen hinweg zu verbinden.
Ich nenne diese Kolleginnen und Kollegen gerne Zauberer, denn sie schaffen es negative Energien ins Positive zu verwandeln und bekommen Lösungen hin, wo andere gescheitert sind.
Es gibt sie also die „ geborenen“ Schlichter, Verhandler, Mediatoren, Richter.
Am Montag war es wieder soweit, da durfte ich wieder mal auf einen solchen „Zauberer“ treffen, der zweifellos zu den Besten seines Berufsstandes gehört.
Anlass des Zusammentreffens war eine Einigungsstelle in Frankfurt. Thema der zu verhandelnden Betriebsvereinbarung war eine Arbeitszeit- und Dienstplanregelung.
Ich hatte mich vor einiger Zeit mit dem Arbeitgeber auf Verhandlungen verständigt, die Verhandlungen wurden aber verzögert, in die Länge gezogen, am Ende musste sogar die Einigungsstelle streitig eingesetzt werden.
In den mehrstündigen Verhandlungen in Frankfurt war das alles vergessen. Schon beim Eintritt des Einigungsstellenvorsitzenden wusste ich, dass an diesem Tag ein Ergebnis steht. Wie kam es dazu?
Es begann mit der Kleidung. Der Vorsitzende trug keinen Anzug, war leger, aber trotzdem gut gekleidet. Das war jedenfalls für unseren Fall genau richtig gewählt, denn es gelang dadurch schon eine entspannte Atmosphäre. Er setzte sich am runden Tisch dazu – ohne irgendwelches Imponiergehabe.
Danach ließ er sich von allen Seiten ausführlich das Problem schildern, wobei sowohl meine Anwaltskollegin, als auch ich uns zurückhielten, denn die Entwürfe auf beiden Seiten waren handwerklich gut, es ging jetzt um die endgültige Formulierung, die entweder die eine oder andere Seite nicht akzeptieren konnte.
Ruhig machte er dann Vorschläge, die er aber diskutierte und nicht einfach aufoktroyierte. Punkt für Punkt wurde es dadurch leichter, zweimal verließen wir den Raum, um das Vorgeschlagene zu besprechen, nach sechs Stunden waren jahrelange Auseinandersetzungen beendet.
Zauberei? Natürlich nicht, aber jahrelange Erfahrung, das Wissen um Verhandlungsstrategien, gute Rechtskenntnis, ein Gefühl für die Verhandlungspartner und eben – Talent, das ist der nicht lernbare Teil.
Dienstag habe ich mehrere neue Kündigungsschutzklagen angenommen, Corona bringt Gewinner und Verlierer. Wenn nach monatelanger Kurzarbeit am Ende dann doch der Jobverlust steht, ist das für die Betroffenen ein Trauerspiel – mal sehen, was wir tun können.
Mittwoch wieder Besprechungen und ein Umgangsprozess. Eine schwierige Verhandlung mit Eltern aus verschiedenem sozioökonomischem Umfeld und die Kinder müssen „inter mundos“, also zwischen diesen Welten leben. Ob sie so glücklich werden, ich weiß es nicht und am Ende eines solchen Tages stehen – nicht nur bei mir – mehr Fragezeichen als Antworten.
Donnerstag und Freitag dann wieder Besprechungen und Zeit am Schreibtisch.
Nächste Woche geht es Montag nach Düsseldorf in eine Einigungsstelle und ab Dienstag glüht das Diktiergerät, denn ab dem 16. bin ich dann im Urlaub, den nächsten Wochenrückblick gibt es daher erst wieder am 31. Oktober und natürlich als Video.
Euch eine schöne Zeit, bis dahin!