Wochenrückblick KW 46

 
Konfrontation ist nicht der Schlüssel zum Erfolg!
 
Ich glaube, vieles da draußen geht gerade schief, weil wir das Miteinander immer mehr verlieren.
 
Ich werde mich zu den neuen Corona-Regeln und zu ihren Auswirkungen in einem der nächsten Rückblicke äußern, zur Zeit muss ich mich damit erstmal intensiv befassen.
 
Im Betriebsverfassungsrecht gilt bekanntermaßen der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Leider ist das häufig mehr eine Utopie, als gelebte Praxis.
 
Wenn ich aber in Betrieben auf Konfrontation zwischen den Betriebsparteien setze, verlangsame ich die betriebsinternen Prozesse und die Kosten steigen, die Anzahl der streitigen Verfahren nimmt ebenfalls zu.
 
Das zweite ist, je weniger im Unternehmen geführt wird, umso unzufriedener wird die Belegschaft, d. h. ein gutes Unternehmen sucht nach Mitarbeitern, die nach gemeinsamen Werten leben. Was will ich und wo will ich hin, wann bin ich zufrieden? Passen meine Wünsche und die der Mitarbeiter zusammen? Achte ich auf Regeln und halte sie auch selbst ein?
 
Ein guter Betriebsrat arbeitet als Mannschaft zusammen und verfolgt eigene Ziele, er wird von einem guten Vorsitzenden geführt.
 
Ein guter Betriebsrat will im Ergebnis als wichtigstes Ziel die Zufriedenheit der Belegschaft – das aber hat er mit einem – klugen – Unternehmer gemein.
Schaue ich gerade Nachrichten, so kämpft jeder gegen jeden, jeder will schlauer sein als der andere und ein Austausch von Argumenten findet gar nicht mehr statt.
 
Und dabei verlieren wir auch jedes Maß und vor allem überhöhen ständig unsere eigene Bedeutung.
 
Dabei brauchen wir aber nicht nur an Corona denken, die aktuelle Klimadiskussion ist da mindestens genauso interessant. Wenn im Amazonas Regenwälder zuhauf abgeholzt werden, die Lungen des Planeten, was diskutieren wir dann hier in Deutschland mit uns alleine über Fahrverbot, Elektromobilitaet oder Atomkraft.
 
Diese Welt wird mehr miteinander brauchen in den nachfolgenden Generationen, denn bei bald annähernd 9 Milliarden Menschen in der Mitte dieses Jahrhunderts wird alles andere zu Aggression, Gewalt und Terror führen.
 
Wie komme ich darauf? Nun diese Woche las ich in der Vorbereitung meiner nächsten Seminare von Blaise Pascal.
 
Schon Pascal wusste – vor 350 Jahren – dass kluge Gegenargumentation nicht das Mittel der Wahl ist, um jemanden von einer vermeidlich fehlerhaften Einstellung abzubringen.
So erreicht man nur das Gegenteil.
 
Der sogenannte „ Backfire-Effect“ führt nämlich dazu, dass der Mensch sich angegriffen fühlt und Gegenbeweisen zum Trotz noch stärker an seinen eigenen Standpunkten festhält.
 
Was empfahl Pasal stattdessen?
 
Es klingt so absurd, wie genial!
 
Man soll seinen Verhandlungspartner zunächst unterstützen in den Punkten, in denen er richtig liegt, indem man ihm zustimmt.
 
Um ihn im zweiten Schritt vom eigenen Standpunkt zu überzeugen, sollte man sein Gegenüber dann dorthin lenken, sodass dieser das Gegenargument aus eigenem Antrieb vertritt.
 
Wenn ich mein Gegenüber angreife, löse ich soziologisch bedingt drei Instinkte aus:
 
„Angriff, Flucht oder Totstellen.“
 
Konflikte löst man so nur bedingt, beim Angriff muss ich mich wehren, bei der Flucht meines Gegners muss ich fürchten, dass er wiederkommt und Totstellen braucht das Glück, nicht entlarvt zu werden.
 
Ist da nicht die gemeinsame Suche nach Lösungen der bessere Weg?
 
Was gab es inhaltlich? Die Woche war geprägt von Schriftsätzen. Freitag ging es aber nochmal hoch her.
 
Zunächst habe ich in einem Kuendigungsprozess erreichen können, dass der Arbeitgeber die Kündigung fallen lässt und den Mitarbeiter weiterbeschaeftigt. Wenn ich mich nach meinen eigenen Maßstäben messe, war es eine gute Verhandlung, weil alle Seiten kooperativ verhandelt haben.
 
Im zweiten Prozess fiel mir das schon schwerer. Hintergrund ist, dass man meinem Mandanten eine antisemitische Äußerung unterstellt. Vor Annahme des Mandates habe ich mir vom Mandanten zwei schriftliche Zeugenaussagen geben lassen, die klipp und klar aussagen, dass keine antisemitische Äußerung gefallen ist.
 
Trotzdem wird der Mandant abgemahnt und seine Beschwerde ignoriert. Um die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ging es im Prozess. Ein weiteres Problem meinerseits war, dass die Personalabteilung den Zeugen – wiederum schriftlich festgehalten von Zeugen – den eigentlichen Sachverhalt in der Zeugenbefragung von sich aus verschlimmernd dargestellt hat.
 
Das Gericht sah bereits keinen Grund für eine Abmahnung und hat dies auch ruhig und sachlich dargelegt – die Verschlimmerung des Sachverhalts war für den Richter kein Thema.
 
Ich gebe zu, dass mir da eine Kooperation schwergefallen ist, weil mich derartige Arbeitgeberpraktiken zutiefst abstoßen.
 
Prozessual werde ich mein Ziel erreichen. Immerhin hätte ich mich kurz vor Abschluss des Termins noch verglichen, das wollte aber der Arbeitgeber nicht, sodass es jetzt im Januar zum Kammertermin kommt.
 
Was lerne ich daraus? Die gerichtliche Verhandlung führt nicht immer zum Ziel, manche Sachen gehören dann eben auf anderer Ebene sanktioniert, zum Beispiel der Öffentlichkeit.
 
Deeskalierend wäre der Arbeitgeber gewesen, wenn er den Vergleichsvorschlag des Gerichtes angenommen hätte, der übrigens so gescheit formuliert war, dass beide Seiten den Gerichtssaal gesichtswahrend hätten verlassen können.
 
Da sind wir dann wieder beim eingangs erwähnten Thema: „ Lösungen müssen alle Seiten wollen!“
 
Euch eine schöne Woche!
 
Mich verschlägt es ab Dienstag nach Nordheim, ich freue mich darauf.