Wochenrückblick KW 48

 

Wochenrückblick – heute mal anders als gewohnt!

 

Die durch das Virus veranlassten Probleme auf meinem Schreibtisch werden immer mehr – dabei wird man sehr nachdenklich.

 

Corona zeigt mir eines ganz deutlich. Die Menschen haben scheinbar keine Lust mehr auf Vorschriften.

 

Das ist für einen Rechtsstaat irgendwann ein Problem.

 

Jeder macht, was er will, keiner, was er soll und alle machen mit.

 

Wie sind wir dahingekommen?

 

Ganz einfach, wir sind offensichtlich ueberreglementiert und blicken nicht mehr durch.

 

Und das ist kein Coronaproblem – das Dumme ist nur Corona kostet Menschenleben.

 

Verkehrsrecht, Strafrecht, Umweltrecht, Steuerrecht, egal, es gibt so viele Regeln und Ausnahmetatbestaende, das kann niemand mehr nachvollziehen, selbst, wenn man sich an Regeln halten will.

 

Nehmen wir mein Lieblingsrechtsgebiet, das Arbeitsrecht, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Datenschutz, Künstliche Intelligenz, Antidiskriminierung, Individual- und kollektives Arbeitsrecht – eine unfassbare Vorgabenflut, die es umzusetzen gilt – und jetzt noch Corona und seine Folgen.

 

Ich bin Arbeitnehmervertreter durch und durch, aber ich weiß ganz genau, dass es für Arbeitgeber mittlerweile nahezu unmöglich ist, sich an alle Regeln zu halten.

 

Und auch die angeblich so windigen Winkeladvokaten sind nicht die Ursache für den Regelungsfrust, denn die wenden nur Gesetze an.

 

Nein – es ist der Gesetzgeber, der regelt und regelt, Ausnahmetatbestaende schafft, milde normiert, wo Härte angezeigt wäre und sich am Ende wundert, dass der Staat weder genug Personal hat, alles zu kontrollieren, noch die wirklichen Sünder abzuurteilen.

 

In ähnlichem Zusammenhang las ich am Samstag in der Zeitung den schönen, da sehr zutreffenden Begriff „Vorschriftenlimbo“.

 

Für die Aburteilung von Moerdern brauchen wir 300 Verhandlungstermine und mehr, aber für die Opferentschaedigung, die Rentenangelegenheit oder die Kindschaftssache fehlt uns die Zeit.

 

Und dann kommen die sogenannten Politiker, deren rhetorische Ausbildung augenscheinlich manchmal die einzige abgeschlossene Prüfung ist, die jemals bestanden wurde und reden und reden…

 

Nehmen wir nur mal die Impfpflicht, wieviel Politiker einzelner Parteien haben sich dahingehend geäußert, es werde keine Impfpflicht geben – und jetzt? Was stört mich mein Geschwafel von gestern – das genaue Gegenteil.

 

Wo sind die Fragensteller, Aufdecker und furchtlosen, nicht nur karriereorientierten Querdenker, ups, sagen wir besser Widerständler, Sonderlinge, von mir aus Rebellen gegen den Zeitgeist?

 

Und damit suche ich nicht nach Aluhuttraegern oder Verschwörungstheoretikern, um es vorsichtshalber lieber gleich klarzustellen.

 

Wir brauchen einen massiven Abbau von unnützen Vorschriften und eine einheitliche Vorgehensweise gegen ein Massenphaenomen wie beispielsweise eine Pandemie, in der nicht ein einzelner Mensch, Betrieb, Unternehmen, Verein etc. wochenlang darüber nachdenken muss, wie er politische Vorgaben umsetzt.

 

Dazu gehören verständliche Aussagen von Menschen, die Verantwortung tragen. Wenn der Chef der Stiko, ein Ulmer Virologe, vor ein paar Tagen sagt, er würde sein eigenes Kind nicht impfen lassen, weil ihm „Daten über die Verträglichkeit des Impfstoffes fehlen“, dann müssen wir uns nicht wundern, dass in unserem Land das Diskussionschaos zu diesem Thema anhält.

 

Erst denken, dann reden habe ich in meiner Kindheit öfter mal gesagt bekommen, ich war bestimmt nicht der Einzige.

 

Unser Land muss etwas ändern und das hat nichts mit einer Pandemie zu tun, die deckt nur gerade schonungslos die bei uns bestehenden Missstände auf.

 

Was habe ich heute inhaltlich?

 

Meine Aufmerksamkeit erregt hat eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.04.2021, Az. 8 AZR 279/20.

 

Aus dieser lässt sich nämlich schlussfolgern, dass ein öffentlicher Arbeitgeber eine Studiennote zu einem zwingenden Auswahlkriterium machen und damit die fachliche Eignung auch des schwerbehinderten Bewerbers feststellen kann.

 

Wenn dem öffentlichen Arbeitgeber die Bewerbung eines Schwerbehinderten zugeht, muss er diesen einladen, es sei denn, dem Schwerbehinderten fehlt die fachliche Eignung.

 

Die Frage der fachlichen Eignung wird von Schwerbehinderten und öffentlichen Arbeitgebern häufig sehr unterschiedlich beurteilt, sodass Klagen wegen indizierter Diskriminierung als Behinderter im Sinne des Paragrafen 1 AGG nicht selten sind.

 

Ich selbst habe im März wieder ein solches Verfahren vor dem LAG Frankfurt zu vertreten.

 

Ich bin seit 2006 ein erklärter Befürworter von objektivierbaren Auswahlverfahren, damit der „beste Bewerber“ das Rennen macht und nicht „weiche“ Auswahlkriterien dazu führen, dass der dem Arbeitgeber genehmste Arbeitnehmer die Stelle erhält.

 

Was gibt es nächste Woche?

 

Ich freue mich auf Bad Salzungen, zwei Kammertermine in Fulda und natürlich mein Onlineseminar am Donnerstag zum Thema: Chaos vermeiden – die Organisation der täglichen Betriebsratsarbeit.

 

Euch eine schöne Woche!