Wochenrückblick KW 13
Vor nunmehr schon 34 Jahren habe ich die Entscheidung getroffen, Rechtsanwalt zu werden und natürlich habe ich mir oft die Frage gestellt, war das richtig?
Waere ich vielleicht in einem anderen Beruf gluecklicher, wie waere mein Leben verlaufen, hätte ich etwas Anderes gelernt?
Ich wollte übrigens nie Richter oder Staatsanwalt werden, nein fuer mich war bei der Entscheidung „Jura“ immer klar, wenn ich die zwei Staatsexamen schaffe, dann werde ich ein Advokat, ein Herbeigerufener, wenn man dieses etwas schönere Fremdwort uebersetzt. ( ich bin ein leidenschaftlicher Leser des Buches „Latein fuer Angeber“ gewesen )
Es gibt auf diese Fragen keine wirkliche Antwort, denn man kann ja nicht wissen, wie es geworden wäre als Landwirt, Fussballer oder Arzt, Optionen, mit denen ich beispielsweise geliebäugelt habe – zugegeben in Lebensphasen, an die ich mich kaum noch erinnere.
Meine berufliche Entscheidung hatte in meinem Leben natürlich auch private Folgen mit dem Weggang aus meiner Heimatstadt Köln, was mir damals sehr schwer gefallen ist. Und meinen Studienort Marburg oder Hessen generell hatte ich überhaupt nicht auf dem Zettel. Ich wollte eigentlich zu der Zeit am liebsten am Niederrhein leben und in Köln arbeiten.
Meine berufliche Tätigkeit führt mich aber in Städte, die ich nach einer Zeit regelrecht vermisse – dazu gehören Hamburg und mein heimlicher Favorit Dresden und Umgebung.
Allein in Dresden könnte ich Jahre zubringen. Aber das Leben ist nun mal begrenzt und alles geht leider nicht.
Was ich weiß ist, dass ich dank zwei linker Haende als Handwerker gescheitert wäre.
Was ich weiß ist, dass ich das, was ich täglich mache, mich bis heute ausfüllt und ich leidenschaftlich gerne Advokat bin.
Und ich bin froh, dass ich in unserer Sozietät nicht Notar werden musste, denn in den letzten Wochen, in denen ich kurzzeitig Notarvertreter war, habe ich das zwar gerne gemacht, aber als ich das erste Mal vor Gericht aufgetreten bin, wusste ich, wann immer diese Reise endet, dieser Moment wird Dir fehlen – und genauso ist es – bis heute.
Die letzte Woche war im übrigen von der Schulung eines Betriebsrates geprägt – wiederum in einer wunderschönen Umgebung in den Weinbergen um Nordheim.
Ein Gremium, was in den letzten drei Jahren durch kontinuierliche Arbeit zu einer wirklichen Stärke gefunden hat.
Per Fernbetreuung habe ich mich dann über einen Beschluss des Arbeitsgerichts in Düsseldorf freuen dürfen, welches eine Einigungsstelle zum Thema „Rufbereitschaft“ eingesetzt hat – einschließlich des von mir vorgeschlagenen Vorsitzenden.
Was habe ich heute inhaltlich?
Aufgefallen ist mir eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19.11.2021, Az. 2 Sa 40/21.
Ein Kassierer, 17 Jahre für ein Unternehmen tätig, hatte an einem Arbeitstag seinen Arbeitsplatz 15 Minuten eher verlassen.
Deswegen kam es am nächsten Morgen mit einer Kollegin zum Streit. Im Anschluss daran hatte der Kassierer seinen Vorgesetzten über den Ladenfunk ausgerufen und ihn um ein Gespräch gebeten. Aber auch hier kam es zum Streit.
Diese Auseinandersetzung nahm der Kassierer, natürlich ohne das Wissen des Vorgesetzten, mit seinem Handy auf, worauf das Unternehmen dem Kassierer kündigte.
Die heimliche Aufnahme sei ein besonders wichtiger Grund, so die Meinung des Arbeitgebers.
Allerdings hatte der Kassierer behauptet, dass der Vorgesetzte zuvor sich ihm gegenüber in diskriminierender und ehrverletzender Weise geäußert habe.
Aufgrund der Vier-Augen-Situation habe er keinen anderen Ausweg gewusst, als das Gespräch aufzuzeichnen.
Er habe sein Verhalten als gerechtfertigt angesehen, auch weil er sich einer eventuellen Verwirklichung des Straftatbestandes von § 201 StGB ( dort ist die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes unter Strafe gestellt ) nicht bewusst gewesen sei.
Das Landesarbeitsgericht sah sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung als unwirksam an.
Es käme nicht zwingend auf die strafrechtliche Würdigung an. Maßgebend sei die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Allerdings überwiege in diesem Fall das Interesse des Kassierers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Grund dafür seien die vorausgegangenen beleidigenden bzw. diskriminierenden Äußerungen des Vorgesetzten, die ebenfalls das Persönlichkeitsrecht des Kassierers verletzten.
Durch seine Aussage gegenüber dem Angestellten, dass wenn er etwas sagen würde, er den Spieß umdrehen und man ihm doch sowieso nicht glauben würde, habe er erst die erfolgte Gesprächsaufzeichnung veranlasst.
Es sei nachvollziehbar, dass der Kassierer diese Situation als auswegslos angesehen habe.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass die heimliche Gesprächsaufzeichnung nicht gerechtfertigt war, habe sich der Kassierer zumindest über die Pflichtwidrigkeit seines Tuns geirrt.
Auch eine ordentliche Kündigung sei eine unverhältnismäßige Reaktion.
Ich habe – gefühlt schon hunderte Male – die Frage gestellt bekommen, ob man ein Gespräch mit dem Vorgesetzten heimlich aufzeichnen duerfe.
Nein, darf man nicht und trotz der obengenannten recht milden Entscheidung – Gott sei Dank zum Wohl des Mitarbeiters – wird sich hieran auch nichts ändern.
Das Gericht hat hier lediglich die besondere Situation des Mitarbeiters gewürdigt.
Die Entscheidung ist aber ein schöner Anlass nochmal ausdrücklich auf die Bedeutung des Paragrafen 201 StGB hinzuweisen.
Nächste Woche geht es nach Schweinfurt wegen der Anfechtung einer Betriebsratswahl, Mittwoch bin ich dann wegen einer krankheitsbedingten Kündigung und der Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs im schönen Fulda.
Ab Freitag bin ich dann im Urlaub, den nächsten Wochenrückblick gibt es dann wieder nach Ostern.
Euch bis dahin eine tolle und hoffentlich friedvolle Zeit!